Erschienen in der TAZ Print-Ausgabe / Kultur am Freitag 31. März 2017
Key to the City – Geben und Nehmen von öffentlichem Raum.

Wie der Street-Art-Aktivist DIES-IRAE die Kölner Kulturszene zur Rückeroberung des öffentlichen Raums animiert.

Wer kennt sie nicht, die oftmals bunt im Kleinformat bedeckten Kultur-Liftfaßsäulen und Reklametafeln, die vor allem mit den Botschaften regionaler Institutionen und Vereine, an vielenStellen das Stadtbild geprägt haben.

Ihnen und ihrer Wahrnehmung stehen heute jedoch zunehmend großformatige Plakatwände, teils grell beleuchtet, hinter Glas sowie in digitaler Form an unzähligen Haltestellen und vielen anderen Orten gegenüber.

Die Stadt Köln erkannte das Potential der klassischen Litfaßsäule und initiierte, zusammen mit dem wohl bekanntesten Konzern der Sparte STRÖER, eine bis dahin deutschlandweit einmalige Zwischennutzung, die „Kunstsäulen“. Mit der Intention in Zusammenarbeit mit Künstlerinnen und Künstlern, bildende Kunst einem breiten Publikum auch an den Orten zugänglich zu machen, an denen man sie so vermutlich weder kennt noch erwartet.

Doch der öffentliche Raum wird zunehmend begehrt, so dass die gemeinnützigen Werbeträger auch hier immer mehr den kommerziellen Interessen der Werbeindustrie weichen müssen.

Deutschlands größter Anbieter für Außenwerbung STRÖER entfernt seit geraumer Zeit auch die letzten verbliebenen, öffentlichen „Werbe-Bühnen“ für Kunst und Kultur. Hiergegen setzt sich die Kölner Kulturszene unter anderem in einer Online-Petition zur Wehr. Auch das städtische Kulturamt betont den Wunsch nach mehr öffentlicher Kunst im Kölner Stadtbild und sieht in den Kunstsäulen einen nachhaltigen, öffentlichen Mehrwert.

Einen anderen Weg sich für alternative Konzepte, gemeinnützige Inhalte und subversive Ideen im öffentlichen Raum Gehör zu verschaffen hat der Kunst-Aktivist „DIES IRAE“ eingeschlagen, der durch seine unzähligen Adbusting Interventionen gegen die Tabakindustrie und vor allem seit seiner unautorisierten Plakat-Kampagne gegen Rechts, an Bushaltestellen in Freital, einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde.

Bezugnehmend auf eben diese Kölner Petition, kaperte DIES IRAE in den vergangenen Tagen gezielt eine Vielzahl von Werbevitrinen an prominenten Orten in Köln – unter anderem am Neumarkt – und ruft mit seiner Intervention Kunst- und Kulturschaffende mit Slogans wie „ ART NOT ADS“ oder „WHAT BETTER PLACE THAN HERE?“ zur Rückeroberung des öffentlichen Raums auf.

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In diesem Zusammenhang zeigen einige der ,in mühevoller Arbeit, gefertigten Plakate auch das für die Rückeroberung benötigte handelsübliche Werkzeug, einen Torx 30 und einen 1/4 Zoll 4-Kantgriff, mit deren Hilfe Künstlerinnen und Künstler für die gemeinnützige Präsentation ihrer Kunst nicht länger als Bittsteller gegenüber der Werbeindustrie auftreten müssen, um darauf zu warten dass ihnen Raum für ihre Kunst gegeben wird, sondern sich den vor allem der Öffentlichkeit gewidmeten Raum selbst wieder aneignen.